Eine treffendere Überschrift wie Uta Büttner von der Sächsischen Zeitung hätten wir selbst nicht finden können. “Ein kleines Sekt- und Weingut haucht einem alten, verfallenen Haus neues Leben ein”, schreibt sie im gerade erschienen Artikel über unser neustes Vorhaben und weiter: “Es soll zur Weinklause mit anliegendem Lustweingarten werden.” Auch wenn man dieser Tage doch recht viel Fantasie benötigt, um sich selbst dort wandeln zu sehen; es werden bestimmt bessere Zeiten kommen und wir derweil alles daran setzen, damit es genauso kommt wie Frau Büttner voraus sieht.
Hier der ausführliche Bericht mit einigen Anmerkungen und Ergänzungen von uns in [eckigen Klammern].
Käbschütztal. Liebhaber von alten Gemäuern und Geschichten werden begeistert sein: Das kleine, verfallene Haus in Mauna direkt gegenüber des Hofes der Kelterei Biedermann soll wieder zum Leben erweckt werden. Einst als Auszugshaus von Demeter- Pionier Curt Biedermann gebaut [gekauft], ist es seit 30 Jahren unbewohnt. Nun will Winzer Martin Biedermann das Haus seines Ur-Großvaters gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Dirk Dobiéy als Winterquartier für die Wein- und Sektkelterei Cambium Compagnie im Käbschütztaler Mauna nahe Meißen herrichten. Und mit ihm sollen Geschichten rund um Mauna [und der weiten Welt] erzählt werden. „Wahre oder auch erfundene, die aber wahr sein könnten“, betont Dobiéy mit einem Lachen.
Der im Nossener Gallschütz Wohnende liebt die Geschichte und Dinge, die aus einer längst vergangenen Zeit stammen. So war er begeistert, als er archäologische Funde wie alte Steine und Tonscherben inmitten des vielen Mülls beim Entrümpeln des Hauses fand. Befreit von massenweise Mäusedreck wurden beispielsweise eine alte Pfeilspitze und Rester von Gefäßen gefunden. „Ich habe dann noch versucht, gemeinsam mit meinem Sohn Scherben zusammen zu setzen“, erzählt Dobiéy begeistert. Viel Erfolg hatten sie allerdings nicht. Lediglich zwei passten zusammen. Aber das sei nicht schlimm. Vielmehr das Schwelgen in vergangenen Zeiten, wie die Menschen damals gelebt haben, sorgt für Begeisterung.
So entstand die Idee der Geschäftspartner, „den Artefakten neues Leben zu geben“, sagt Dobiéy. Kurz entschlossen entschieden sie, aus dem Haus, das ursprünglich nur als Winterquartier für Weinverkostungen der Cambium Compagnie dienen sollte, zugleich eine Art Museum zu machen. „Die Besenwirtschaft auf dem Weinberg war sehr gut angenommen worden. Es waren tolle Gäste. Und uns war klar, wir brauchen etwas über die Wintermonate“, sagt Biedermann. Der Begriff Museum ist allerdings nicht ganz so ernst zu nehmen. Denn den tatsächlich gefundenen Artefakten wird eine kreative Komponente durch die Macher hinzugefügt. Wie beispielsweise ein gehäkeltes Kissen, das an einer Wand hängt. Darüber ist auf einem Schild zu lesen: „Original-Kissen von Sigmund Freuds Couch, das er aus Wien nach London mitgebracht hat. Spätes 19. Jahrhundert. Leihgabe: Freud Museum London.“ Weitere, tiefgehendere Informationen folgen. In einem kleinen Holzregal wird eine goldene Scheibe präsentiert. Laut Cambium Compagnie soll es eine Maya-Darstellung eines Teilausschnittes der Milchstraße sein. Auch ein Farbenkreis aus dem Jahre 1809 von Johann Wolfgang von Goethe wird gezeigt. Und alles mit einer Geschichte, „die einen Hang zur Wahrheit hat, aber ihr nicht entspricht“ [„ersonnene Objekte mit einem unwiderstehlichen Hang zur Glaubwürdigkeit“], sagt Dobiéy. „Geschichten erzählen und Weintrinken passen zusammen. Die Leute sollen sich austauschen. Das fördert den Zusammenhalt, gute Gespräche Ideen und Humor. Und das Unterscheiden über Wahrheit oder nicht, ist eine Kernkompetenz in der heutigen Gesellschaft“, meint Dobiéy. Das sei manchmal gar nicht leicht, wie bei der Venus von Mauna. Wie beim Geschmacksempfinden von Wein, da gebe es auch unterschiedliche Wahrheiten.
Online-Weinverkostung geplant
Bisher haben die Geschäftspartner mit vielen helfenden Händen zwei Zimmer des alten Hauses entrümpelt und soweit hergestellt, dass „unter normalen Umständen“ eine Weinverkostung stattfinden könnte. Da das während der Corona-Pandemie nicht möglich ist, wird es am 27. Dezember eine Online-Weinverkostung geben. Interessierte können sich anmelden, das Weinpaket bestellen [nur bis zum 18. Dezember] und per Video-Konferenz kommen die Weinliebhaber dann zusammen. „Wir sind gespannt, wie unser Angebot angenommen wird.“
Die Umgebung um das Haus Nummer Elf gilt als Geburtsstätte des Weinbaus, erzählen Biedermann und Dobiéy. In der Firmenchronik von Curt Biedermann fanden sie unter anderem den folgenden Eintrag von ihm: „Der dahinter liegende kleine ‚Krätzgarten‘ sowie der darüber liegende Hang wurde tief umgegraben und als Weinberg angelegt. Es wurden circa 300 Stück Reben in den Sorten Gutedel, Rhuländer und Goldriesling gepflanzt und Drahtspaliere angelegt… Auch die Blumenbeete vor dem Hause wurden mit Wein bepflanzt und der Aufgang als Laubengang angelegt (blauer Burgunder).“Mit der Zeit wuchs an dieser Stelle allerdings eher kein Wein mehr. Wilde Brombeeren überwucherten das gesamte Gelände. Selbst die Wände des Hauses hatten die Pflanzen bereits erobert. An den wenigsten Stellen konnte dabei eine Motorsense zum Einsatz kommen. „Mit der Hilfe von anderen war fast alles Handarbeit“, sagt Biedermann. Und die unzähligen Stiche werden wohl in ewiger Erinnerung bleiben. Die Macher nennen den so freigelegten zukünftigen Lustweingarten auch scherzhaft den „Maunaer Hügel des Leidens“.
Fotoquelle Titelbild: Uta Büttner/SZ
Fotoquelle alle anderen Bilder: Milan Ihl